Serbien ist seit 2012 offizieller EU-Beitrittskandidat. Das im Herzen Südosteuropas gelegene Land investiert mit Blick auf die EU-Integration gezielt in wirtschaftliche und technologische Entwicklung – und rückt damit zunehmend ins Interesse internationaler Akteure. Obwohl nach wie vor noch kein EU-Mitglied, hat Serbien bereits mit der regulatorischen Anpassung an die EU begonnen – unter anderem im Finanzsektor.
Gesetzlicher Rahmen: Angelehnt an die PSD2
Am 6. Mai 2025 hat in Serbien eine tiefgreifende Transformation des Bankenwesens begonnen. Mit der Einführung von Open Banking und der verpflichtenden Öffnung der Bankensysteme gegenüber Drittanbietern orientiert sich das Land klar an europäischen Standards – genauer gesagt an der PSD2-Richtlinie. Die neuen Regelungen markieren einen wichtigen Meilenstein für die Digitalisierung und Modernisierung des serbischen Zahlungsverkehrs.
Den rechtlichen Anstoß für Open Banking in Serbien gibt die Novelle des Payment Services Act (PSA), die bereits im August 2024 verabschiedet wurde. Die neuen Bestimmungen traten offiziell am 6. Mai 2025 in Kraft, wobei für die Banken eine verlängerte Übergangsfrist bis spätestens 1. Januar 2026 gilt.
Ziel dieser Gesetzesreform ist eine Öffnung des Marktes für innovative Drittanbieter, eine Stärkung des Verbraucherschutzes sowie eine Harmonisierung mit dem EU-Rechtsrahmen.
Kernkomponenten der Regelung sind:
- Einführung von Payment Initiation Services (PIS) und Account Information Services (AIS)
- Verpflichtung zur Bereitstellung sicherer APIs (Application Programming Interfaces) für lizenzierte Drittanbieter
- Integration strenger Vorgaben zu Datenschutz, starker Kundenauthentifizierung und Sicherheitsprotokollen
- Etablierung einer regulatorischen Sandbox, um neue Geschäftsmodelle unter kontrollierten Bedingungen zu testen
Der aktuelle Stand: Hohe Marktreife, aber begrenzte Umsetzung
Das serbische Bankenwesen zeichnet sich durch eine hohe Wettbewerbsintensität und einen starken Einfluss internationaler Bankengruppen aus.
Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung bieten einige Banken bereits heute APIs für Drittanbieter an, meist im Rahmen freiwilliger Kooperationen oder strategischer Partnerschaften. Die digitale Transformation des Finanzsektors wird zudem von staatlicher Seite aktiv unterstützt und zwar unter anderem durch gezielte Programme zur Förderung von FinTech-Unternehmen. Vor diesem Hintergrund existieren bereits die ersten Open-Banking-Initiativen, die vor allem von innovativen FinTechs vorangetrieben werden – insbesondere im Bereich der Multibanking-Apps, die den Nutzern einen zentralen Überblick über mehrere Bankkonten ermöglichen.
Auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen bereits definiert sind, befindet sich Serbien aktuell noch in der Vorbereitungsphase. Viele Banken arbeiten derzeit intensiv an der technischen und operativen Umsetzung der neuen Anforderungen. Die grundsätzliche Marktreife ist hoch – die tatsächliche Verfügbarkeit von Open Banking-Diensten wird aber voraussichtlich erst ab dem offiziellen Startdatum 2025 bzw. Anfang 2026 spürbar steigen.
Anforderungen an Banken: API-Bereitstellung und Compliance
Was bedeuten all diese Entwicklungen nun für die Banken? Zukünftig müssen alle Finanzinstitute in Serbien, darunter sowohl lokale als auch internationale Institute sowie E-Geld-Anbieter, offene und sichere Schnittstellen bereitstellen. Diese ermöglichen Drittanbietern den Zugang zu Kontoinformationen sowie die Initiierung von Zahlungen – die Zustimmung des Endkunden dabei immer vorausgesetzt.
Neben den Schnittstellen müssen die Banken auch umfassende Compliance-Anforderungen erfüllen, die unter anderem den Schutz der Kundendaten durch starke Kundenauthentifizierung (Strong Customer Authentication, SCA) und dynamische Verknüpfung von Transaktionsdaten sicherstellen. Zudem sind sie verpflichtet, unvoreingenommenen und diskriminierungsfreien Zugang für Drittanbieter zu gewährleisten sowie ihrer Berichtspflicht gegenüber der Nationalbank Serbiens nachzukommen. Versäumnisse bei der Einhaltung dieser Anforderungen können empfindliche Sanktionen nach sich ziehen.
Denn die Nationale Bank Serbiens (NBS) überwacht die Umsetzung und Einhaltung der neuen Vorgaben. Stand heute sind große Institute bei der Implementierung der Schnittstellen bereits weit fortgeschritten, während kleinere Banken überwiegend auf technische Dienstleister zurückgreifen, um die Compliance sicherzustellen.
Herausforderungen und Ausblick: Ein Markt im Aufbau
Trotz der klaren Roadmap bleibt die Einführung von Open Banking in Serbien nicht ohne Herausforderungen:
- Viele Banken befinden sich noch in der Umsetzungsphase.
- Endkunden und Unternehmen müssen erst für die neuen Angebote sensibilisiert werden.
- Der Markt benötigt zunächst innovative Drittanbieter, um das Potenzial von Open Banking voll auszuschöpfen.
- Es fehlt noch eine zentrale API-Standards-Plattform, wie sie in der EU durch Berlin Group oder UK Open Banking geschaffen wurde.
- TPPs müssen direkt mit Banken bilaterale Vereinbarungen treffen.
- Vertrauen in Drittanbieter ist vergleichsweise gering, was die Marktdurchdringung hemmt.
Relevanz für Unternehmen
Für Unternehmen, die sich mit Open Banking in Serbien befassen (z. B. FinTechs, Banken, RegTechs), sind folgende Punkte wichtig:
- Es gibt Markteintrittsmöglichkeiten, da der Markt noch in einer frühen Phase ist.
- Internationale Standards (z. B. PSD2-APIs) werden tendenziell übernommen – Know-how aus der EU ist übertragbar.
- Potenzial für Kooperationen mit etablierten Banken, die nach innovativen Lösungen suchen.
- Daten- und Verbraucherschutz sind ebenfalls im Wandel – Gesetze orientieren sich an der DSGVO, sind aber nicht vollständig deckungsgleich.
Fazit: Serbien vor einem Wendepunkt im Finanzsektor
Mit dem Start von Open Banking betritt Serbien eine neue Phase der Digitalisierung im Finanzwesen. Die gesetzliche Grundlage ist geschaffen, die technische Infrastruktur wächst, und der Dialog zwischen Banken, Regulierungsbehörden und Technologiepartnern intensiviert sich.
Langfristig wird Open Banking in Serbien zu mehr Wettbewerb, besseren digitalen Finanzdiensten und einer stärkeren Integration mit dem europäischen Markt führen – vorausgesetzt, die verbleibenden Umsetzungsherausforderungen werden entschlossen angegangen.
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